Perfluorierte Tenside (PFT) (Januar 2007)

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie an der Universität Bonn wurden im Sommer 2006 an der Mündung der Ruhr in den Rhein unerwartet hohe Konzentrationen von Substanzen gefunden, die zur Stoffgruppe der perfluorierten Tenside (PFT) gehören (s.u., Exkurs: Was sind PFT?). Anschließende Untersuchungen zur Herkunft der Stoffe wiesen zu land- bzw. forstwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen Sekundärrohstoffdünger eines Bodenmischwerkes aufgebracht worden waren.

Pilotuntersuchungen des Landes Nordrhein-Westfalen
Daraufhin beauftragte die Bezirksregierung Arnsberg im Juli 2006 die IFUA-Projekt-GmbH aus Bielefeld mit Pilotuntersuchungen, um die Höhe und Verteilung der zu erwartenden Bodengehalte mit belasteten Stoffen einzuschätzen. Bodenuntersuchungen von sieben exemplarisch ausgesuchten Standorten in den Kreisen Soest und Hochsauerlandkreis, auf denen nachweislich das in Verdacht auf eine PFT-Belastung stehende Produkt aufgebracht worden war, ergaben im November 2006: Auf allen beprobten Flächen fanden sich Nachweise von PFT. Ein Standort im Hochsauerlandkreis fiel - aufgrund seiner sehr hohen Gehalte - durch besonders deutliche Belastungen auf. Eine erste Einschätzung der Konzentration von PFT auf dieser Fläche im Örtchen Scharfenberg ließ den Schluss zu, dass Stoffe im dort verteilten Dünger die Oberflächengewässer bereits erheblich belastet haben und durch anhaltende Auswaschungsprozesse auch aktuell und zukünftig belasten. Daher wurden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Hinblick auf die Minimierung der PFT-Einträge in die Oberflächengewässer als erforderlich angesehen. Als Sofortmaßnahme wurde die Fassung des Dränagewassers der Fläche sowie dessen Behandlung bzw. ordnungsgemäße Entsorgung empfohlen.
Der Abschlussbericht der Pilotuntersuchungen ist als PDF erhältlich.

Planung und Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen
Nach Abstimmung der ersten Ergebnisse der Pilotuntersuchungen mit den Fachdienststellen des Landes Nordrhein-Westfalens wurde der beschriebene Maßnahmenbedarf einhellig als erforderlich angesehen. Der Hochsauerlandkreis als zuständige Untere Bodenschutzbehörde beauftragte die IFUA-Projekt-GmbH im November 2006 daraufhin mit der Planung der Sanierung und dem Beginn der Arbeiten vor Ort noch im Dezember. 

Die Planung, Ausschreibung und Vergabe der Leistungen zur Sanierung konnten trotz des komplexen Sachverhaltes, der im Detail offen verbliebenen Fragen und des Umstandes, dass es sich um die erste Sanierung einer mit PFT belasteten Fläche in Deutschland handelt, im Dezember soweit gebracht werden, dass die Baustelle kurz vor Weihnachten eingerichtet werden konnte.

Mit der Sanierung der Fläche in Scharfenberg kann somit im Januar 2007 in vollem Umfang begonnen werden. Die Dauer der Maßnahme ist noch nicht einzuschätzen, da bislang lediglich auf Laborversuche basierende Abschätzungen zum Auslaugungsverhalten der PFT möglich sind. Die Sanierungsüberwachung und das Monitoring der Maßnahme obliegen der IFUA-Projekt-GmbH.

Exkurs: Was sind PFT?

Perfluorierte Tenside bestehen aus einer hydrophoben Kohlenstoffkette, an der die Wasserstoffatome vollständig durch Fluoratome ersetzt sind, und einer hydrophilen Kopfgruppe (z.B. Sulfonsäure). Dies führt zu einer starken Reduzierung der Oberflächenspannung von Wasser. Dabei tritt die hydrophile Kopfgruppe in Wechselwirkung mit wässrigen Phasen, die hydrophobe Kette wirkt wasserabweisend. Analog können die Moleküle im entsprechenden Milieu über ihre hydrophobe Kette mit öl- bzw. fetthaltigen Phasen in Wechselwirkung treten, während die hydrophile Kopfgruppe fett- und ölabweisend wirkt. Die Stoffklasse PFT kann in mehrere Stoffgruppen unterteilt werden, wozu oftmals auch polyfluorierte Verbindungen gezählt werden. 

Die Hauptanwendungsgebiete für PFOS bestehen aus Oberflächenmodifizierung, Papierveredelung und Spezialchemie. Sie kommen in Textilien, Ledermöbeln, Papier und Verpackungen, Farben und Reinigungsmitteln, Feuerlöschmitteln, Pestiziden sowie der Luftfahrt (hydraulische Flüssigkeiten) vor. Darüber hinaus werden sie in der chemischen Synthese, der Metallierung, der Foto- und Halbleiterindustrie sowie in der Medizintechnik verwendet.
PFOA werden als Hilfsmittel in der Herstellung von Fluorpolymeren (PTFE (Teflon), PVDF) eingesetzt und können als Verunreinigung in den Produkten verbleiben. PTFE findet in zahlreichen Industrie- und Konsumprodukten Anwendung, während PVDF in der Elektronik- und Bauindustrie eingesetzt wird. Darüber hinaus kann PFOA auch aus Abbau- bzw. Pyrolyseprodukten (z.B. beim Überhitzen von Teflon) entstehen. Zudem können die Substanzen direkt oder auch indirekt über die Nutzung der Produkte in die Umwelt freigesetzt werden, z.B. durch PFOA-haltige Feuerlöschschäume.
PFT kommen in der Natur ausschließlich anthropogen bedingt vor und sind nach ersten Nachweisen in der Umwelt in den 1970-er Jahren mittlerweile allgemein verbreitet. Sie weisen eine hohe chemische und thermische Stabilität auf, was letztlich auch die Persistenz dieser Verbindungen begründet. PFT setzen sich im Gegensatz zu den meisten anderen organischen Substanzen nicht im fettreichen Gewebe fest, sondern in Leber, Niere und Galle und binden sich an Proteine im Blut.

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