Schießanlagen in Nordrhein-Westfalen - Orientierende Untersuchungen nach BBodSchG (August 2016)
In Nordrhein-Westfalen sind landesweit mehr als 50 Schießanlagen für die jagdliche Nutzung im genehmigten Betrieb. Unter kontrollierten Bedingungen wird hier der Umgang mit Schusswaffen geübt, was jedoch zu umweltrelevanten Auswirkungen im Umfeld führt.
Auf diesen Schießanlagen, die dem Erfüllen des gesetzlichen Auftrages der Jäger zur tierschutzgerechten Bejagung des Wildes dienen, wird unter freiem Himmel mit Schrotflinten das zielgenaue Treffen fliegender Ziele (z.B. Krähen, Tauben) oder von Bodenzielen (z.B. Kaninchen) geübt. Die zu beschießenden Ziele werden dabei durch Wurfscheiben simuliert, die von einer Maschine in die Luft geschleudert (Trap- und Skeet-Schießanlagen) oder auf einer Bahn (Rollhasen-Anlage) entlang gerollt werden. Hierdurch gelangen Schrote und Wurfscheiben(reste) auf und zumeist auch in den Boden, was insbesondere bei bereits langjährig betriebenen (Wurfscheiben-)Schießanlagen zu Bodenbelastungen führt.
Beispiel einer Wurfscheibenschießanlage (Disziplin Skeet mit einer aus dem Niederhaus abgehenden Wurfscheibe)
(IFUA-Projekt-GmbH 2015)
Bei Schrot handelt es sich um Blei und die Legierungsbestandteile Antimon und Arsen. Die Gruppe der polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) ist bei Wurfscheiben(resten) zu betrachten, die bis in die 1990er Jahre mit einem teerhaltigen Bindemittel hergestellt wurden, so dass sich aus heutiger bodenschutzrechtlicher Sicht die Frage nach schädlichen Bodenveränderungen stellt.
Mit Hilfe von Fördermitteln des Landes NRW und unter Beteiligung des Verbandes für Flächenrecycling und Altlastensanierung NRW (AAV), dem Kreis Wesel als federführende Behörde sowie des Landesjagdverbandes führte die IFUA-Projekt-GmbH für 47 Schießanlagen Orientierungsuntersuchungen (OU) nach einer erstmals landesweit einheitlichen und zwischen der Jägerschaft sowie den Genehmigungs- und Fachbehörden abgestimmten Vorgehensweise durch.
Die Analyseergebnisse wurden wirkungspfadbezogen im Hinblick auf mögliche konkrete Anhaltspunkte einer schädlichen Bodenveränderung ausgewertet und verschiedenen Kategorien (Kategorie 1-4) zugeordnet, die mit einer Einstufung des Handlungsbedarfs verknüpft wurden.
Beispielhaft zeigen die im Hinblick auf den Wirkungspfad Boden-Grundwasser ermittelten Untersuchungsergebnisse, dass die Gesamtgehalte von Blei im Königswasserextrakt des Bodens (Median: 23.200 mg/kg) in der Schadstoffquelle gegenüber Antimon (Median: 596 mg/kg) etwa 40-fach höher liegen. Dennoch sind die Konzentrationen im Sickerwasser (2:1-Schütteleluat) auf einem ähnlichen Niveau. Hauptsächliche Ursache ist die Abhängigkeit vom pH-Wert des Bodens.
Die Schadstofffreisetzung aus der Schadstoffquelle fließt unter Hinzuziehung der Ergebnisse der Bodenansprache im Gelände sowie der Kenntnisse zu den naturräumlichen Gegebenheiten in die Sickerwasserprognose ein. Diese dient der vorläufigen Beurteilung, ob eine Überschreitung der am Ort der Beurteilung gültigen Prüfwerte in einem absehbaren Zeitraum (50 Jahre) zu erwarten ist und sich folglich ein Gefahrenverdacht als erhärtet erweist.
Die abschließenden Ergebnisse der OU zeigen, dass im Hinblick auf weitere Maßnahmen die Relevanz des Wirkungspfades Boden-Mensch im Vergleich mit den anderen Wirkungspfaden dominiert, gefolgt von den Wirkungspfaden Boden-Grundwasser, Boden-Oberflächengewässer sowie Boden-(Nutz-)Pflanze. Für einzelne Anlagen besteht auf Grundlage der projektbezogen abgeleiteten Werte für erhebliche Schadstoffanreicherungen der Bedarf für Sofortmaßnahmen, während im Übrigen zumeist Detailuntersuchungen zur räumlich-analytischen Abgrenzung der Schadstoffbelastung des Bodens vorgeschlagen wurden. Die Erfahrungen aus dem landesweiten Untersuchungsprogramm verdeutlichen, dass durch den Betrieb von offenen Schießanlagen im Regelfall Handlungsbedarf aus Sicht des Bodenschutzes entstanden ist. In den Einzelgutachten wurden diesbezüglich konkrete Ansätze zu deren Ertüchtigung und zur Umsetzung der Belange des Bodenschutzes für den Einzelfall aufgezeigt. Dieser praxisnahe Beitrag für den umweltgerechten (Weiter-)Betrieb, Umbau oder Neubau findet seine Berücksichtigung auch in der aktiven Mitgestaltung der DIN 19740-2 (2015) „Umweltrelevante Anforderungen an den Bau und Betrieb von zivilen Schießstätten – Teil 2: Untersuchungen“ und liefert weitergehende Hinweise zum Umgang mit stillgelegten Schießanlagen.
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